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Geschichtliches

Geschichtliches zur Pferdehaltung und Nutzung

Pferdefunde in der heutigen Ukraine deuten daraufhin, dass vermutlich die erste systematische Pferdehaltung als Fleischlieferant um rund 3000 v. Chr. dort stattfand. Etwa ab 2000 v. Chr. begann man, das Pferd auch als Zugtier zu nutzen und der pferdebespannte Streitwagen für Kriegszwecke breitete sich ausgehend vom alten Orient nach Westen aus.
Erst ab 1500 v. Chr. begann man Pferde auch zu reiten. Dies war nur durch Anbau und Zufütterung von Getreide möglich, da bei reiner Rauhfutterfütterung die Fresszeiten zu lange waren bei zu wenig Energieausbeute.
Entsprechend der kulturellen Entwicklung gelangte die systematische Pferdehaltung erst sehr viel später nach Europa. Mit der Römerzeit (Rheinüberquerung Cäsars 55 v. Chr.) schritt die Pferdenutzung auch hier voran, hatte sich aber erst einige hundert Jahre später durchgesetzt.

Zur Zeit Karls des Grossen (800 n. Chr.) wurden die ersten großen Gestüte zur Pferdezucht und Ausbildung eingerichtet. Hafer erwies sich als das geeigneteste Körnerfutter für Pferde und mit Hilfe dieses konzentrierten Futters gelang die Züchtung der schweren Ritterpferde (mit den heutigen Friesen vergleichbar). Die Haltung dieser Tiere war u.a. aufgrund der höheren Futterkosten nur Wohlhabenden möglich, wogegen die Bauern die kleineren ponyähnlichen Rassen nutzten, die extensiver gehalten werden konnten (Weide, Laub, Waldweide).

Vom 18. Jh. bis Mitte des 20. Jh. breitete sich das Pferd explosionsartig aus, bedingt durch die Ausdehnung von Handel und Transport. Das Pferd wurde auch beim Abbau und Transport von Rohstoffen, sowie in der Landwirtschaft, beim Militär und in den Städten als Zug- und Reittier eingesetzt.

Mitte des letzten Jahrhunderts allerdings verdrängte dann die zunehmende Technisierung in Landwirtschaft, Militär und Verkehr das Pferd zu einem sehr großen Teil.

(Quelle: Ingolf Bender, Praxishandbuch Pferdehaltung)

Entwicklung der Pferdehaltung seit den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts

Mit Verbreitung des Traktors in der Landwirtschaft wurde das Pferd „arbeitslos“, dementsprechend ging die Population stark zurück. Langsam wandelte sich dann das Reiten zum Hobby und Freizeitsport. Vor über 40 Jahren importierte Ursula Bruns die ersten Islandpferde nach Deutschland und machte (u.a. mit ihren Immenhof-Büchern und deren Verfilmungen) das Reiten auf anderen Pferden als deutschen Warmblütern publik. Auch begann sie, mit ihrer Zeitschrift „Pony Post“, später dann in „freizeit im sattel“ umbenannt, die Offenstallhaltung bekannt zu machen und begründete eine neue alternative Freizeitreiterszene. Im von ihr gegründeten fs-Testzentrum in Reken wurden verschiedene Haltungsformen und Zubehör ausprobiert, Kurse für Pferdehalter angeboten und eine besonders für erwachsene Reitanfänger geeignete Form des Reitunterrichts, die „leichte Reitweise“ entwickelt. Ein Umdenken zu alternativen Haltungsformen und Rassen begann. Für Europa untypische Rassen wurden importiert und „fremde“ oder neue Reitweisen kamen in Mode. Jedoch artete dies irgendwann wiederum in Sport mit dem Pferd als Sportgerät aus.
„Plötzlich wurden die Familien-Isländer zu teuren Töltmaschinen umgetrimmt und die Westernpferde dreijährig durch Riesengeldpreise in entsprechenden Prüfungen mehr oder weniger „verheizt“.“ Hanns Ullstein jun.

So besinnt man sich seit zehn, fünfzehn Jahren erneut auf die Grundgedanken von artgerechter Haltung und pferdegerechter Nutzung, und es hat sich in dieser Zeit sehr viel in der „Pferdeszene“ geändert. Pensionsoffenställe sind schon recht weit verbreitet (wenn auch immer noch ein Süd-Nord-Gefälle zu beobachten ist), ausländische Pferderassen sind nichts Besonderes mehr und alternative Heilbehandlungsmethoden (Ostheopathie, Chiropraktik, Akupunktmassage, Homöopathie u.a.) sind immer weiter verbreitet. Unkonventionelle Ausbildungsmethoden und Reitweisen, wie Chiron-Reiten, Arbeit nach Linda Tellington-Jones, Parelli Natural Horsemanship und viele andere finden immer mehr Zuspruch.

Auch das Thema Hufe und alternative Hufbearbeitung stellt sich heute völlig anders dar als vor zehn Jahren. Hufpfleger verschiedener Richtungen sind mittlerweile etabliert und für alternativen Hufschutz (Kunststoffbeschlag, Hufschuhe, etc.) gibt es einen stetig größer werdenden Markt.

Eine Zahnbearbeitung bei Pferden ist schon im Altertum belegt. In der ersten Hälfte des 19. Jh. spezialisierte sich dann der Tierarzt Dr. Erwin Becker aus Sarstedt bei Hannover darauf, eine professionelle, regelmässige Zahnbehandlung und geeignetes Werkzeug hierfür zu entwickeln. Seine "mobile Zahnstation" wurde bis in den 2. Weltkrieg serienmässig in den Pferdelazaretten eingesetzt. Nachdem aber nach dem Krieg die Pferdepopulation stark zurückgegangen war, geriet auch dieses Wissen in Vergessenheit. Erst in den letzten Jahren gewinnt die Zahnkontrolle und -behandlung wieder mehr an Bedeutung. Im Ausland, besonders in den USA und Kanada wurden und werden Ausbildungsgänge für Horse Dentistry für Tierärzte und Nichttierärzte angeboten, so dass viele heute hier arbeitende Spezialisten ihre Spezialkenntnisse und Fertigkeiten in Übersee erworben haben. Inzwischen gibt es auch einige Ausbildungsstätten in Deutschland, so dass Interressierte jetzt die gleiche Ausbildungsqualität hier vorfinden können.